Dienstag, 23. August 2011

Isle of Bella Rus’ 1963

Der 1963er Musikbewerb in Sachen Eurovision war eine seltsame Angelegenheit: Publikum und Künstler befanden sich in getrennten Räumlichkeiten, und weit und breit war während der Sangesdarbietungen kein Mikrophon zu sehen. Daher hält sich bis heute hartnäckig das Gerücht, daß es sich bei diesem BBC-Experiment um eine voraufgezeichnete Playback-Sendung gehandelt hätte. Kein Gerücht hingegen ist, daß auch in jenem Jahre wie schon in dem davor weitere vier Länder gänzlich ohne Punkte nach Hause fahren mußten, darunter auch die „Heldin“ des heutigen Beitrages: Monica Zetterlund, geborene Nilsson, die für Schweden antrat. Die 1937 geborene und 2005 bei einem Brand ums Leben gekommene Sängerin trat nicht nur in Sachen Punkteerhalt in die Fußstapfen der Eleonore Schwarz (siehe 1962), sondern auch, was den Inhalt ihres Textes anging: „En gång i Stockholm“ (Es war einmal in Stockholm) beschreibt die Schönheiten der winterlichen Hauptstadt, die von der Sängerin mit ihrem Freund begutachtet werden, derweil die beiden sich immer noch wie im Sommer fühlen: Klara sjö, Riddarfjärd, die Deutsche Kirche – alles mit Schnee bedeckt und von Möwen beschissen, aber für Madame Zetterlund ist alles wunderschön und wie im Sommer. Weniger schön hingegen dürfte das ehemalige Fräulein Nilsson ihr Ergebnis gefunden haben, denn ebenso wenig wie für Operettenklänge konnten sich die damaligen Juries für die sanften Klänge des Nordens erwärmen. Wer dies kann, möge auf den Abspielknopf drücken:



Der Karriere der Monica Zetterlund tat dieses Ergebnis keinen Abbruch; bis 1999, als sie sich wegen einer Skoliose-Erkrankung zurückzog, war sie in Schweden populär und machte sich vor allem im Jazz-Bereich einen Namen.

Donnerstag, 18. August 2011

Isle of Bella Rus’ 1962

Dieses Mal finden sich zwei Länder in dieser Kategorie, die einander spinnefreund und durch eine gemeinsame Sprache voneinander getrennt sind: Österreich und Deutschland.
Eleonore Schwarz hieß die Vertreterin Österreichs, die damals 26 Lenze zählte. In ihrem Operettenliede „Nur in der Wiener Luft“, das in fast jeden Film Géza von Cziffras gepaßt hätte, erzählte sie nicht, wie heute zu vermuten, von Abgasen, saurem Regen und diversen Kofferabstellern in der Bim, sondern von all den Schönheiten, die Wien zu bieten hätte; angefangen vom Würstelmann mit Backhendln über Lärmbelästigung mit Wiener Walzer in Grinzing, verursacht von Schrammeln vorm Stephansdom, bis hin zu Opas schönstem Ferienerlebnis in der Staatsoper. Interessiert hat sich für diesen tongewordenen Stadtprospekt jedoch keine Sau Jury, denn neben drei weiteren Teilnehmern erhielt Österreich ganze null Punkte dafür und landete auf dem letzten Platze (wodurch sich gleich die Frage erübrigt, wie viele Punkte es aus Deutschland gab). Wer sich gerne anhören mag, wie sich gesungene Tourismusinformationen anhören, möge bitte auf den Abspielknopf drücken:



Wesentlich erfolgreicher, vor allem außerhalb des Wettbewerbes, war hingegen die deutsche Teilnehmerin Conny Froboess, die zuvor mit noch nicht einmal neunzehn Jahren und ihrem Liede „Zwei kleine Italiener“ schon die deutschen Schlagerfestspiele gewonnen hatte und deren Lied bis 1979 der erste und einzige Grand-Prix-Schlager war, der mit einem ersten Platz in der heimischen Verkaufsparade aufwarten konnte. In Luxemburg reichte es anno 1962 jedoch nur zu einem sechsten Platz mit 9 Punkten, wovon ebenso null aus Österreich wie aus dem betroffenen Italien stammten (in der italienischen Version dieses Beitrages wurden aus den beiden minderwüchsigen Kampaniern Küsse italienischer Art). Im Zeitalter politischer Korrektheit wird dieses seicht-fröhliche Schlagerlein gerne mal der chauvinistischen Herabwürdigung von Gastarbeitern geziehen, aber wen derlei nicht zu schrecken vermag, möge den Abspielknopf drücken:



Und als zusätzlichen Leckerbissen gibt es noch zwei Filmausschnitte, worin Frl. Froboess erneut ihr Lied präsentieren durfte. Weitaus schockierender als hineingedichteter Chauvinismus dürften hier jedoch ihre z. T. jacobsisterspudelrosafarbenen Haare sein:


Freitag, 12. August 2011

Eigenwerbung

Auf ausdrücklichen Wunsch des Hausherrn:



(ein wenig Werbung in eigener Sache sei hier mal gestattet - auch wenns hier "nur" eine simple Karaokenummer ist und kein Spökes, aber den Spökes gibts dann demnächst wieder!)

Donnerstag, 11. August 2011

Isle of Bella Rus’ 1961

Wieder einmal finden wir in dieser Kategorie Norwegen, das auch im zweiten Jahre seiner Grand-Prix-Teilnahmen Landesbezogenes von sich gab. Jedoch zog es die Norweger im Jahre 1961 von den Lappen nach „Malle“, namentlich nach Palma, wo Nora Brockstedt offenbar kurz zuvor ihren Sommerurlaub verbracht hatte und uns unbedingt singend von ihrem „Sommer i Palma“ erzählen mußte. Offenbar nicht bekannt war damals in Norwegen, daß man auf Mallorca nicht französisch, sondern mallorquinisch oder dem gemeinen Touristen zuliebe wenigstens spanisch spricht, so daß Nora bei der erstbesten Gelegenheit ihre jüngst aufgekeimte Liebe mit „chéri“ und „mon amour“ kundtat, was der Eingeborene lapidar mit „sí, sí“ („ja, ja“ – und was das heißt, wissen wir spätestens seit den „Werner“-Filmen) kommentierte. Obwohl Nora Brockstedt damit nur einen Punkt weniger als im Vorjahr erntete, namentlich zehn an der Zahl (davon die Hälfte allein aus Belgien, das schließlich selbst ein Lied von sprachlicher Verwirrung hätte singen können), landete sie damit doch nur noch auf dem siebten Platz (aber damit immer noch viel besser als die freigiebigen Belgier, die nur Letzte wurden). Wen Noras schönstes Ferienerlebnis interessiert, möge bitte den Abspielknopf drücken:


Montag, 1. August 2011

Isle of Bella Rus’ 1960

1960 traute sich Norwegen zum Debüt einmal mit etwas Landesbezogenem: Nora Brockstedt, Jahrgang 1923 und damit bei ihrem Auftritte für ESC-Verhältnisse schon fast in methusalemischem Alter, erzählte die Geschichte eines Lappenmädchens hoch im Norden, das mit lauten „Voi-Voi“-Rufen ihren Schatz daran erinnert, daß in der kommenden Samstagnacht mal wieder die eheliche Pflicht fällig wäre. Mit insgesamt 11 Punkten, davon alleine vier aus der Schweiz, kam Norwegen in seinem ersten Teilnahmejahr immerhin schon auf den vierten Platz, was bis zum Jahre 1985 eine von zwei Top-Fünf-Plazierungen bleiben sollte. Wer hören mag, wie das klingt, drücke auf den Abspielknopf:



Und als kleines Extra gibt es noch die 2006er Remix-Version der obskuren Formation „Superstars“:


Dienstag, 26. Juli 2011

Isle of Bella Rus’ 1959

Österreich kam 1957 die ehrenvolle Aufgabe des ersten Letztplazierten des Grand Prix’ zu (von 1956 weiß man das schließlich nicht), und das gleich bei der ersten Teilnahme. Keine Sau bzw. kein Jury-Mitglied interessierte sich damals dafür, wohin Bob Martin (alias Leo Heppe aus Sibirien) mit seinem depperten kleinen Pony hinreiten wollte. Zwei Jahre später wartete das seit 1918 adelsbereinigte kotelettförmige Land wieder mit einer musikalischen Monstrosität auf, ließ sich jedoch von Ferry Graf dabei selbst besingen: „Der k. u. k. Kalypso aus Wien“ schwelgte zu südamerikanisch inspirierten Rhythmen in Erinnerungen an vergangene Zeiten, als Österreich nicht nur Österreich war, sondern auch noch Ungarn und Böhmen sein Eigen nannte. Dazwischen ein wenig Walzer und Gejodel, fertig ist das Potpourri, das die musikalische Entsprechung des Speiseplanes einer Schwangeren sein dürfte: Von allem ein bißchen, Hauptsache, es paßt nicht zusammen. Bei Interesse bitte den Abspielknopf drücken:


Ferry Graf, Jahrgang 1931, ist übrigens mittlerweile nach Finnland ausgewandert. Kein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Samstag, 23. Juli 2011

Isle of Bella Rus’ 1958

Nachdem 1957 keinerlei selbstbezogenes Liedgut beim Eurovisionswettbewerb aufzuweisen hatte, war 1958 wenigstens ein Beitrag aus dieser Kategorie dabei: Die Schweizerin Lys Assia besang dabei ein Wochenende mit ihrem Schatz namens Giorgio, den sie mit Risotto und Polenta mästet und mit Chianti abfüllt, all dies in Ascona in der Schweiz (ehemals Opel) am Lago Maggiore (ehemals Lacus Verbanus). Während die Nachbarn aus Deutschland und Österreich sowie die doch sonst angeblich so lustigen Dänen diesen Beitrag ignorierten, sammelte er andernorts genügend Punkte ein, um beinahe Lyssens Sieg von 1956 zu wiederholen, was jedoch vom französischen Beitrage vereitelt wurde. Wer sich für das gesungene Tagebuch eines Schlemmerwochenendes jenseits des Röstigrabens interessiert, drücke auf den Abspielknopf:

Donnerstag, 21. Juli 2011

Isle of Bella Rus’ 1956

Da ich an sämtlichen drei Terminen des heurigen eurovisionären Bardenbewerbes höchstselbst am Orte war und somit die Fernsehübertragungen lediglich hinterher am Rande mitbekam, blieb mir selbstredend auch der Großteil der üblichen dummen Kommentare erspart, mit denen Peter Ur-„Gestein“-Ban stets freigiebig um sich wirft. (Aber es sei ihm verziehen, es geht ja noch schlimmer, wie uns Steven Gätjen bewies.)
Hängen blieb mir jedoch der Kommentar bezüglich des heurigen weißrussischen Beitrages, wo Urban sinngemäß von sich gab, was wir wohl davon halten müßten, wenn nun jedes Land daherkäme und einen Sänger entsandte, der in seinem Liede die Vorzüge seiner Heimat lobpreiste. Nun, wahrscheinlich wäre dies dann der letzte Rest Individualität in einem Felde amerikanisierten Radiodudels mit „englischen“ Texten. Dabei war doch schon er allererste Grand-Prix-Beitrag von solcher Art, und er war weißgott nicht der letzte vor dem weißrussischen des Jahres 2011. Hier zunächst das Corpus delicti:



Nun zu den historischen Vorbildern: Bereits 1956 in Lugano wurde mit Jetty Paerls Liedlein „De vogels van Holland“ (muß man das noch übersetzen?) der Grundstein selbstbezogener Beiträge gelegt: Die Vögel von Holland (also nicht den gesamten Niederlanden, wohlgemerkt!) seien die bei weitem musikalischsten, weil nirgendwo die Pfützen so blau und das Gras so saftig wäre wie eben in Holland. Von den Vorzügen der Würmer, Insekten und diversen Vogelbeeren hingegen wird geschwiegen, obwohl das die vogels van Holland wohl weitaus mehr interessiert als irgendwelches Grünzeug. Wen es interessiert, wie dieses Loblied auf die Ornithologie in der niederländischen Provinz klingt, drücke auf Start:




Die Niederlande waren jedoch nicht alleine mit landesbezogener Lyrik; auch der Nachbar Belgien tat sich damit hervor. Jedoch wurden hier nicht die Vorzüge Belgiens besungen (was zu peinlicher Kürze des Liedes geführt hätte), sondern vielmehr die Hauptstadt des benachbarten Frankreich zum Orte der Trübsal herabgewürdigt: „Messieurs les noyés de la Seine“ (die Herren Etrunkenen der Seine), dargeboten vom kürzlich verstorbenen Fud Leclerc, läßt eine Reihe Männer Revue passieren, die das Leben in der angeblichen Stadt der Liebe satt haben, weil ihre Liebe nicht erwidert wird und sie daher den Gang ins Wasser wählen. Ob die französische Jury dies zu würdigen wußte, ist leider nicht bekannt, da sämtliche Ergebnisse des 1956er Wettbewerbs unter Verschluß gehalten wurden. Wer jedoch Lust auf einen Schuß Suizid im Hochsommer hat, drücke auf den Abspielknopf:


Sonntag, 17. Juli 2011

Popular?!?

Ich bin schon seit längerem auf YouTube Abonnentin des Kanals von EurovisionHorror. Die machen sich dort genau wie ich gerne mal über die Karaokeversionen der Eurovisionsjahrgänge her, nehmen dabei aber kein Blatt vor den Mund und sind so richtig schön böse. Leider sind sie nicht besonders produktiv, aber diese Woche wars mal wieder so weit.

Für alle Fans des drittplatzierten Beitrags des diesjährigen Contests muss ich an dieser Stelle eine ernsthafte Warnung aussprechen: Dieses Video könnte Deine Gefühle verletzen!Bitte klick nur dann drauf, wenn Du diese Platzierung für genauso absurd hältst wie die Schreiber dieses Blogs.

And now: Watch and enjoy!

http://www.youtube.com/watch?v=AvgY5uTiCWI

Mittwoch, 6. Juli 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 10

Slowakei
Hier wurde mal wieder eklatant gegen das oberste aller Showgesetze verstoßen, das da heißt: "Du sollst nicht langweilen!".Scheinbar ist das noch nicht bis zu den Jurys durchgedrungen, denn sie wollten die Slowaken allen Ernstes im Finale sehen. Dabei war nun wirklich nix Dolles an diesem Beitrag: Die Kompostition [sic!] mischte das schlechteste aus "Rescue me" von Bell, Book & Candle und dem ohnehin schon grauenhaften "Run and Hide" von uns Grazi, versuchte ansonsten, ohne erkennbare Höhen und Tiefen auszukommen und frühstückte nebenbei noch die sattsam durchgenudelte Vier-Akkord-Folge Tonika-Dominante-Tonikaparallele-Subdominante ab, aus der ca. 50% aller Welthits bestehen. Mit diesen Vokuhila-Kleidern sind letztes Jahr schon die weitaus besseren Feminnem gescheitert, und das einzige interessante, nämlich die Tatsache, dass hier ein eineiiges Zwillingspaar auf der Bühne stand, wurde 14 Startnummern später auf "leider doch vergleichsweise uninteressant" zurückgestuft. Ich könnt ja jetzt noch ein bisschen ablästern, aber.... chrrrrrrrr......

San Marino
Wie bitte, die Jury wollte DAS im Finale haben? Ich staun doch immer widder, hätte mein Vater jetzt gesagt, und recht hätte er gehabt. Die Juroren müssen wohl eine andere Performance geseh... pardon, haben sie ja auch. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass wir hier den dritten Semi-Nullpointer sehen. Denn die Performance am Grand Soir war von vorne bis hinten unter aller Sau, Senit sang konsequent an der Melodie vorbei, man verstand nix, das Kleid war wohl vor dem Auftritt noch schnell in den Schredder geschmissen worden, und mit dem Liedle war ich mangels italienischen Idioms bereits über Kreuz, bevor ich überhaupt nur einen Ton davon gehört hatte, und das langweilige Ding, als das es sich dann entpuppte, tat nichts, um mich für sich einzunehmen. Blieben lediglich Senits Strahlen und ihre tolle Ausstrahlung. Aber allein dafür jemanden ins Finale wählen wollen, also, ich weiß nicht....

Türkei
Ob es wohl irgendwo in Eurovisionsland jemanden gab, der DAS vorausgesehen hat? Nein, es war nicht der zu sehr an den Vorjahresbeitrag angelehnte Song, und es war auch nicht der versemmelte letzte Ton. Aber auch hier waren die Klamotten mal wieder frisch aus Andorra importiert (grün? GRÜN???), und vor allem: WAS sollte diese Else da in dem Käfig? Schwarze Klamotten an, einfach runtergerockt, und das Ding wäre (zu Recht!) gelaufen gewesen – aber SO? Schade um die Türkei, ich fand das Ausscheiden schon ein wenig unglücklich, aber sie haben es sich leider selbst zuzuschreiben.

Ukraine
Sollte sich jemand fragen, ob es ein Land gibt, dem ich Jahr für Jahr erfolglos den Semi-Rausschmiss wünsche: Ja, gibt es. Voilà. Die Ukraine hat es wie kein anderes Land raus, aus Scheiße gute Platzierungen rauszuholen, und dieses Jahr war ein besonders krasses Beispiel. Man hatte nämlich die Abkürzung ESC irgendwie missverstanden; Nein, "liebe" Ukrainer, es heißt NICHT Eurovision Sandmal Contest. Und nur für die Sandmalerei gabs auch die Punkte (hat irgendjemand in der Halle bei diesem Beitrag NICHT die kompletten drei Minuten auf die LED-Wand geschaut und die Ohren auf Durchzug gestellt???), die plärrende Schönheit im Tote-Raubvögel-Kleid störte da zwar nicht weiter, aber irgendwie bleibt ein blödes Gefühl. Und dann: PLATZ 4?????? Europa ist manchmal vollkommen wahnsinnig, aber das wissen wir ja bereits. Dennoch schockiert es mich immer wieder aufs Neue.

Montag, 4. Juli 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 9

Serbien

Beim Finale neben Ungarn, Irland, Spanien und natürlich Deutschland einer der großen Börner in der Halle. Nur die LED-Wand konnte ich nicht die ganze Zeit anschauen, sonst wär mir wohl schlecht geworden. Auch wenn der Song bis heute nicht meins ist: Die Choreo und die Klamotten waren absolut stimmig, und die süße Nina und ihre drei Mädels machten das sowohl im Semi als auch im Finale sehr, sehr gut und sind zu Recht ins Finale eingezogen. Dort dann angemessen platziert.

Russland

Also eins mal vorweg: Solche Schuhe möchte ich auch! Auf den Jacken haben sie im Semi ja noch keine beleuchteten Buchstaben gehabt, deshalb konnten wir ihre krasse Choreographie-Panne dann das erste Mal im Finale bewundern. Für sowas liebe ich den ESC – Gesangspannen schön und gut, aber so richtig lustig sind doch erst die Choreo-Pannen. Wer ist eigentlich dieser AELX, dessen Buchstaben da in Eurem Kreis zu sehen waren? Im Liedje selber passte irgendwie nix zusammen, und obwohl Alex alles in allem gut sang und bei weitem nicht so unsympathisch rüberkam wie z.B. das Pornofrettchen, war die Platzierung im Finale dann schon angemessen. Der letzte Platz bei den Jurys allerdings nicht, da war beispielsweise die ansonsten von den Jurys ja gerne mal präferierte Getter Jaani deutlich schlechter. Schon bemerkenswert, dass das hier jetzt Russlands viertschlechteste Platzierung ever ist. Und übrigens: Es ist KEINE gute Idee, nach dem Schluss immer noch was hinterherzusingen, was am besten gar nicht mehr zum Lied gehört!

Schweden

Ich bin platt, geplättet, aufn Boden gehaun wie Flunder. Nein, nicht weil die Performance so toll war, sondern weil sie es eben nicht war, weder im Semi noch im Finale. Im Semi war es stimmlich unter aller Sau, im Finale auch nicht wirklich gut, obendrein war das Timing bei der Glasbruchaktion in beiden Fällen nicht gut. Was blieb, war ein niedlicher Eric und ein starker Song, den ich zwar nicht besonders mag, bei dem aber immer klar war, dass er vorne mitspielt. Dass er allerdings nach diesen Auftritten das zweite Semi regierte und in der Endabrechnung Platz 3 holte, ist nicht erstaunlich, sondern schlichtweg unverständlich.

Slowenien

So, liebe Dana International, kuck ma, SO geht Diva. Die im Semi direkt nach der Siegerin von 1998 startende Maja hatte leichtes Spiel: Ein dramatischer Song, eine superstarke Stimme und Optik, Ausstrahlung und Auftreten einer echten Diva. Da störte auch das unsägliche Outfit nicht. Im Finale wars dann direkt nach den späteren Siegern und zwei Startnummern nach dem ähnlich gelagerten österreichischen Beitrag ungleich schwieriger, aber Maja meisterte auch das mit Bravour. Mein Gott, HAT das Mädel ein Organ! Hut ab!

Freitag, 1. Juli 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 8

Niederlande

Der Sänger der drei Jotte muss in der Nacht vorher ordentlich einen draufgemacht haben. So heftig, dass er bis etwa 21:05 Uhr am Donnerstagabend tief und fest geschlafen hat. Da blieb keine Zeit mehr für Haare waschen oder eine Rasur, und weil grad nix anderes da war, schmiss er sich in den nächstbesten weißen Anzug. Zu dumm, dass der aus so einem komischen glänzigen Jaquardstoff war. Schnell noch das Goldkättsche an und rauf auf die Bühne. Der eine oder andere Ton saß zwar nicht, und die Backings waren stellenweise viel zu laut. Das Liedje ist und bleibt aber ein nettes (nett im Sinne von "kleine Schwester von Scheiße"). Allerdings war bei diesem Beitrag trefflichstens zu beobachten, dass dezente Optik-Katastrophen zuweilen genausoviel Durchschlagskraft haben können wie brachiale. Daher ist der letzte Platz nicht unbedingt zu beanstanden.

Norwegen

Ich hab norwegenbezüglich auf einer mir besonders lieb gewordenen Webseite den Begriff "Haba-Haba-Gate" gelesen (meaning: Televoter wollten das im Finale haben, Jurys nicht, Jurys setzten sich durch, ergo Jurys sind Wichser), aber warum eigentlich? Ja, das Liedle ist nett (aber eben nur nett, es kickt bei weitem nicht so, wie es könnte), ja, Stella ist süß und hat das strahlendste Lächeln des Wettbewerbs, aber bittschön: Stimmlich war das sowohl von Stella als auch von ihrem Chor eher suboptimal, Stellas Po-Manschette sollte wohl auch zu einem Podestplatz verhelfen (beim Barbara-Dex-Award), aber was am meisten störte, war der Schriftzug "02 Norway" in der unteren linken Ecke. Unnorwegischer gehts nicht mehr. Normalerweise kein Problem, aber es wirkte halt, wie gesagt, schlicht und einfach unpassend. Für unpassend gibts aber nun mal keine Pöngs. Dennoch, von den ausgeschiedenen im ersten Semi diejenige, um die es mir am meisten Leid tat.

Polen

Huch, was war denn da passiert? Eigentlich konnte doch nix schiefgehen: Hübsche Frau, starker Song, vergleichsweise schwache Konkurrenz, und so wurde Polen auch zuverlässig in sämtlichen mir bekannten Polls als sicherer Finalteilnehmer gehandelt. Allerdings hätte Magda sich nicht von vornherein um die Spitze beim Barbara Dex Award bewerben sollen (wer zum Henker hat diese Klamotten zu verantworten???). Und zum Gesang kann man nur sagen: XXL, Jemini – kommt zurück! Alles ist vergeben!

Portugal

Wenn diejenigen, die sich während dieser drei Minuten auf der Bühne versammelt hatten, so in zwei, drei Jahren mal das Video dieser drei Minuten in die Hand bekommen, könnte ich mir vorstellen, dass das so einigen von ihnen unglaublich peinlich sein wird, was sie da zu sehen kriegen. Jede Häme wäre hier verschwendet, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Ich schreib dann demnächst mal an die EBU, für sowas gehört man eigentlich für ein Jahr vom Semi ausgeschlossen.

Rumänien

Es gibt jedes Jahr ein paar Beiträge, mit denen ich weder im Vor- noch im Nachhinein was anfangen kann, und dieseer hier gehört dazu. Nun gut, die große Zeit der Rumänen bei diesem Wettbewerb ist schon ein paar Jahre vorbei, aber das hier muss doch wohl nicht sein. Die Musi aus Schweden, die Tänzer von Marie N., am Klavier sitzt Jürgen Drews, und am Mikrofon der Bruder von Haldor Laegrid? Och nöööööö.... Das einzig positive, was sich sagen lässt ist, dass sie im Finale mit der Startnummer nach Lena einen extrem schweren Stand und dann dafür doch eigentlich ganz gut abgeschnitten hatten. Aber bittschön: Wer braucht diese Nummer? Ich nicht!

Donnerstag, 30. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 7

Litauen

Ich mag ja den Song noch immer nicht und finde die Juryplatzierung im Semi geradezu schockierend, aber man muss zugeben, dass Evelina das sehr, sehr gut gemacht hat. Nun gut, der gemeine Televoter wird nicht auf ihre sehr facettenreiche Gesangsdarbietung geachtet haben, sondern mehr auf die vorteilhaft präsentierten Doppelpoller im Dekollete, und die Gebärdensprache störte zwar, lenkte aber auch wiederum den Blick an diese strategisch wichtige Stelle. Was sollten denn Europas Heteromänner da machen außer anrufen?! Im Finale saß in der Halle neben mir übrigens ein Pärchen, das für bzw. aus Litauen war. Ich hab mich dann mit Applaus und Unmutsbekundungen lieber vornehm zurückgehalten... aber trotzdem war ich froh, dass sie im Finale nur unter "ferner liefen" landete. Zu Recht übrigens, ging doch ihrer Finalperformance aus nicht bekannten Gründen die im Semi gezeigte stimmliche Bandbreite vollends verloren. Versteht mich nicht falsch, das war nicht schlecht gesungen, aber stellenweise, insbesondere im letzten Refrain schon geradezu schlampig und zeigte bei weitem nicht das Können, das sie noch im Semi auf die Bühne gebracht hatte. Möglicherweise hatte sie ähnlich wie Dino Merlin dank ihrer Startnummer schon einen Knopf an die Sache gemacht – nur dass es bei ihr die gegenteiligen Auswirkungen hatte.

Lettland

Aua, der Schluss tat ja fies in den Ohren weh – wie auch so einiges vorher. Dennoch ist der Song um ein vielfaches besser als zum Beispiel der der direkt danach startenden Dänen, aber dieser tätowierte Hape Kerkeling da am Mikrofon war wohl doch much too much. Und auch der Chor tat seinen Teil dazu, dass das ganze unter dem Begriff einsortiert werden muss, den meine Kinder üblicherweise für sowas verwenden: "Ohrenfolter".

Moldawien

Folgende Erkenntnisse: 1. Nicht alles, was 2005 gut war, ist 2011 immer noch haltbar. 2. Drei Minuten LED-Wand anstarren, und du brauchst keine Drogen mehr (apropos – Herr Iapugnov hat wohl auch irgendwas eingeschmissen, oder??? Das will ich auch haben, was der eingeschmissen hat! Die Welt wird zwar dadurch nicht besser, aber es is einem scheißegal). 3. Wenn nur die Instrumentalteile gut sind, ist der Song trotzdem scheiße, 4. Herr Iapugnov ist hosentechnisch weder in Europa noch im 20., geschweige denn im 21. Jahrhundert angekommen, 5. wenn die Startnummer stimmt und man nach fünf lahmarschigen Beiträgen kommt, kommt man auch mit sowas ins Finale.

Mazedonien

Wie mache ich die ohnehin marginalen Chancen meines Beitrags völlig zunichte? 1. Ich lasse meine Tänzer eine vollkommen bekloppte Choreographie aufführen, 2. Obgleich ich den größten Teil des Liedes in meiner Landessprache vortrage, singe ich den Anfang auf englisch, einer Sprache, die ich offensichtlich nicht im allergeringsten beherrsche, 3. Ich sorge dafür, dass das Bühnenbild so richtig übel aussieht, 4. weil mir schon mal jemand gesagt hat, dass ich ein Hübscher bin, verziehe ich das Gesicht wie ein Hammerwerfer beim Abwurf, damit bloß niemand merkt, dass ich mich sehen lassen kann, 5. Ich bau noch ein bisschen unpassenden Quatsch ein. Megaphon kommt immer gut.

Noch Fragen, Mazedonien?

Malta

Glenda hat eigentlich nix falsch gemacht, aber für den Durchschnitts-Feld-Wald-und-Wiesen-Televoter war das wohl entschieden zu tuckig, zumal eine angenehme Stimme auch anders geht. Die Jurys wollten das ja allen Ernstes im Finale haben. Nun gut, der ESC ist ja inzwischen die offizielle Schwuppenolympiade, aber der Gute dürfte auch für die meisten Schwuppen viel zu heftig gewesen sein. So geht das nicht, Malta.

Mittwoch, 29. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 6

Irland

Die sechs Minuten Jedward waren ohne jede Frage die unterhaltsamsten aller Teilnehmer des Jahrgangs 2011. Gut, ok, singen konnten sie wirklich nicht, aber du meine Güte, hat DAS einen Spaß gemacht!!! Im Finale neben Lena der Hallenbörner schlechthin, und ich hätte die beiden viel, viel lieber in der Top 5 gehabt als Aserbaidschan, Schweden, Ukraine und Dänemark. Ich hatte sie eigentlich auch fest als Sieger des zweiten Semis auf der Rechnung, und auch das hätten sie viel eher verdient gehabt als Schweden. So kann man sich leider täuschen... wobei die Finalplatzierung wohl auch auf das Konto der Startnummer geht, die schlechter kaum hätte sein können. Dennoch, ein gutes Zeichen, wenn Irland endlich in der Jetztzeit angekommen ist und damit die beste Platzierung seit 2000 eingefahren hat. Macht bitte weiter so!

Israel

Es ist immer irgendwie tragisch, wenn frühere Sieger nochmal als Abglanz ihrer selbst auf die Bühne treten. Aber in diesem Falle ist es nachgerade schockierend. Der Song: Dudeldudeldumplingpling. Die Stimme: Wie eh und je, keine Überraschungen, insbesonere keine positiven. Das Kleid: Dana, da hat Dich der Schohpohl aber nach Strich und Faden aufs Kreuz gelegt. Der optische Eindruck: Verlebt. Halt ein Schatten ihrer selbst. Viva la Diva? Wohl eher: Minn hinsti dans. Völlig zu Recht nicht im Finale dabei.

Island

Hach, Kinnersch, wisst Ihr was: Ich liebe diesen Beitrag. Wenn Ihr das bisher noch nicht tut, dann tut Buße und Abbitte und was weiß ich. Im Semi außerordentlich überzeugend, was der knuddelige Matthias und seine fünf Kumpane da machten, und ich war ja vor der Bekanntgabe der Umschläge zu 100% überzeugt, dass wir sie im Finale wiedersehen, nach Malta, San Marino und Kroatien hätten sie schon sehr sehr schlecht sein müssen, wenn das hätte schiefgehen sollen. Und dann ist da nur noch ein Umschlag, und Türkei, Armenien und Norwegen alle drei noch im Topf.....ich hab auf youtube ein Video gefunden mit dem Öffnen der Umschläge, untermalt von der isländischen Kommentatorin – mei, hat die in dem Moment einen Brüll losgelassen! Und zu Recht! Leider verlor das ganze im Finale dramatisch, keine Ahnung warum. Mit Platz 20 leider trotzdem hoffnungslos zu schlecht bewertet.

Wer sich den erwähnten Brüll mal anschauen will:

http://www.youtube.com/watch?v=P3hODOEYg00

(bei 8:30 kommts!)

Italien

Ich bekenne mich schuldig: Auch ich gehörte zur Fraktion derer, die vor der Veranstaltung keine Gelegenheit ausließen, gegen den italienischen Beitrag zu stänkern, die Forderung nach der Arschbombe stammt sogar originär von mir. Aber dann, am 14. Mai abends um kurz nach zehn in der Düsseldorfer Esprit-Arena, da wurde ich von der Saula zur Paula. Ich kann halt doch meine Wurzeln nicht verleugnen, da kam dann nämlich die Musikerin in mir und trat der Trash-Else einmal gepflegt in den Allerwertesten. Raphael Gualazzi hat mehr kompositorische Brillanz und Musikalität in sich als der gesamte Rest der Teilnehmer dieser seiner im Grunde unwürdigen Veranstaltung zusammengenommen. Und was er da auf der Klaviatur veranstaltet hat - WOOOOOOW! DOPPEL-WOOOOOW! Auch wenn es "nur" zum (an und für sich höchst erfreulichen) Platz zwei reichte: Italiens Rückkehr geriet zur Demütigung für den Rest des Teilnehmerfeldes. Raphael, ich verneige mich vor Dir. In Ehrfurcht.

Dienstag, 28. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 5

Georgien

Au weia, insgesamt sechs Minuten Ohrenfolter für mich. Aber geiles Bühnenbild, die Kirchenfenster auf der LED-Wand kamen schon richtig toll... (in der Halle übrigens noch besser!). Und performerisch haben sie wohl alles rausgeholt was ging, auch wenn die Begleiter der sehr hübschen Sopho wohl gerne mal ein bisschen seltsam aussehen..... Klamottentechnisch übrigens auch, alles rausgeholt, meine ich. Herzlichen Glückwunsch zum Barbara-Dex-Award, den ich übrigens NICHT für verdient halte.

Griechenland

Die Griechen haben im Moment einfach den Bogen raus, das muss man mal neidlos anerkennen. Das war jetzt die achte Top-Ten-Platzierung in Folge, und sie war hochverdient. Der Song ist sperrig, zugegeben, und man denkt zuerst, den blöden Rapper braucht doch kein Mensch. Aber wenn der es dann zum Refrain wechselt und der wunderschöne Loukas Giorkas singt, als ginge es um sein Leben, dann merkt man, dass das ganze genau so dosiert werden muss, um richtig zu wirken. Das fantastische Bühnenbild tat ein Übriges. Völlig verdienter Sieger des ersten Semis!

Kroatien

Liebe Daria, mal ehrlich: Du machst weiß Gott keinen unsympathischen Eindruck, aber musst Du Dich denn für jeden Scheiß hergeben? Wenn ein Lied schon "Celebrate" heißt, sollten seit 2004 bei jedem Eurovisionista die Alarmglocken zu bimmeln anfangen. Wenn das Lied dazu noch mit einem dermaßen hirnlosen Bumsbeat unterlegt ist, ist es zwar nur konsequent, wenn man eine Choreographie dazu aufführt, die in die Dorfdisco gehört und nicht auf die ESC-Bühne, aber man darf sich keine Illusionen darüber machen, dass man damit ins Finale kommt. Da hilft dann auch weder der Zauberer noch der doppelte Kleidertrick, und apropos: Wieso hast Du diesen Heinz mit dem Glitzerfransentisch nicht einfach daheimgelassen?

Ungarn

Es scheint eine Spezialität der Ungarn zu sein, Songs zum ESC zu schicken, die so gut sind, dass man damit einfach nicht im Semi hängen bleibt, egal was man anstellt. Und Kati stellte eine Menge an. Gesanglich wars nicht so schlimm wie überall beschrieben, es saßen zwar einige Töne etwas quer, aber da bot das erste Semi weiß Gott übleres. Dafür war es optisch eine Katastrophe der Extraklasse. Das fing bei dem schlimmen blauen frisch aus Andorra importierten Fummel an, in dem Kati, Typ "dünne Frauen verkratzen die Möbel", aussah wie ein Storch, dazu die sorgfältig ondulierte Mähne – zum Grausen. Kein Wunder, dass sie sich nicht bewegte zu ihrem Knaller, bei dem jedem normalen Menschen eigentlich die Beine durchgehen müssten. Aber die Häärlein hätten ja verrutschen können, außerdem hätte das auf diesen Storchenstelzen auch zu staksig ausgesehen, am Ende hätte sie sich noch was gebrochen. Sie hat sich dann doch ins Finale gerettet, dort die Halle zum Kochen gebracht, obwohl der Auftritt mieser als ganz mies war, ist aber dann ganz hinten verendet. Die Topfavoritin auf den Gesamtsieg, als die sie im Vorfeld gegolten hatte, war sie zu dem Zeitpunkt aber ohnehin schon längst nicht mehr. Es ärgert mich einfach kolossal, dass man aus diesem starken Song nicht alles rausgeholt hat was ging.

Montag, 27. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 4

Spanien

Überraschenderweise war auch Spanien einer der absoluten Lieblinge in der Halle – wahrscheinlich war uns allen ein wenig nach anspruchsloser fluffiger Sommermusi (und obendrein hatten wir das eine Halbfinale der WM 2010 schon wieder vergessen – kleiner Scherz am Rande), dargeboten von einer absichtslos bildhübschen Dame und ihren nicht minder netten Begleitern. Aber der Spruch "Grau is alle Theorie, maßgebend is aufn Platz" gilt beim ESC anders als beim Fußball nur bedingt, denn wen interessiert schon, was die Halle gut findet? So kamwurde dann auch der einzige der Big 5, den ich von Anfang an als heißen Kandidaten auf die Rote Laterne gesehen hatte, zwar nicht letzter (immerhin!), aber dennoch Drittletzter. Nur seicht reicht halt nicht.

Finnland

Nach Georgien war das im Semi natürlich eine Wohltat, und der Erdaufgang kam supergut. Sehr starker Gesamteindruck, auch wenn Oskar stimmlich längst nicht alles gab. Im Finale dagegen war die Startnummer 1 der Todesstoß, und das tolle Bühnenbild verlor in der Wiederholung dramatisch, zumal Oskar im Vergleich zum Semi etwas unsicher wirkte und auch den einen oder anderen Wackler drin hatte. Aber das war nicht das einzige Problem:

Wenn man über Paradise Oskar redet, muss man natürlich auch mal kurz über Tom Dice reden, der Vergleich kam ja oft genug. Die Frage ist nur: Warum? OK, beide hatten eine ruhige, reduzierte Darbietung im Gepäck, beide traten im Semifinale jeweils mit der Nummer 10 nach einem eher hektischen Beitrag auf, beide kamen aus dem 8. Umschlag, beide sind nette junge Kerle. Damit hört die Ähnlichkeit aber auch schon auf. Während Tom nämlich mit Herz und Seele sang, als ginge es um sein Leben und dabei so authentisch und fast schon bestürzend normal und sogar ein wenig unbedarft rüberkam und ihm zudem im Semi die Anspannung deutlich anzumerken war, war der Auftritt von Paradise Oskar knallhart durchkalkuliert. Im Gegensatz zu Tom spielte er mit der Kamera, was Augenplieren und Wimpernklimpern hergaben, und spätestens im Finale merkte man dann doch irgendwie, dass es nicht um irgendwelche im Song enthaltenen Botschaften ging, sondern in erster Linie um die hervorgerufenen Effekte (zumal sich dann auch irgendwann rumgesprochen hatte, dass der Song ohnehin ironisch gemeint war). Und genau das wars dann auch, was dazu führte, dass der Finne im Finale sang- und klanglos abschmierte.

Frankreich

Aua. Aua aua aua. Wie ruiniere ich mir mit Gewalt meinen Favoritenstatus? Denn es gab ja viele, die felsenfest davon überzeugt waren, es würde 2012 nach Frankreich gehen. Das klappt aber nur, wenn ich meinen außergewöhnlichen Song auch perfekt vortrage, dazu gehört, wenn ich nun schon knödeln muss, wenigstens stimmliche Perfektion, das heißt, ich treffe einfach mal die Töne (und ich bleibe dabei, ohne Geknödel wärs besser gewesen). Sonst bleibt der jüngste Tenor der Welt eben einfach nur ein Tenörchen. Auch wäre es angezeigt, sich vorher nicht mit der Heugabel zu frisieren – wer zum Henker war dafür verantwortlich? Da halfen dann auch der wirklich hervorragende Song und das möglicherweise schönste Bühnenbild der gesamten Veranstaltung nichts mehr...

Großbritannien

Genau wie Frankreich auch das wieder ein Beitrag, der vor lauter hohen Erwartungen und Siegessicherheit kaum noch geradeaus laufen konnte – ok, die Metapher ist natürlich missglückt, aber sie hinkt wenigstens nicht, denn le Royaume Uni war für mich vor diesem Finale DER Siegesfavorit schlechthin. Nach ihrer Performance war mir aber sogar in der Halle klar, dass das nichts werden würde. Nicht dass es so richtig schlecht war, aber es kam einfach nix rüber. Die Wände mit den Konterfeis der vier waren angesichts der bescheidenen Gesangsleistung einfach much too much. Hier hat mir dann wirklich die Arschbombe gefehlt.

Sonntag, 26. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 3

Zypern

Das vielleicht schockierendste Ergebnis des gesamten Eurovisionsjahrgangs ist für mich die Art und Weise, wie die Zyprer rausgeflogen sind. Manche Dinge kann man nicht erklären, ich versuch es trotzdem. Der Song, eindeutig die beste Ballade des Jahrgangs, war es schon mal nicht. Der Gesang ebenfalls nicht, der war tadellos, und der gute Christos fällt auf jeden Fall mal klar in die Kategorie "Schnuckel". Dann kann es eigentlich nur die Choreographie gewesen sein. Okay, diese Fußdinger da im Boden hätten nicht sein müssen, und die Hammerwerferin hat auch gestört, aber in dem Falle hätte ich bestenfalls mit einem knappen Scheitern leben können. Mit dem vorletzten Platz in diesem Semi aber nicht. Schämt Euch, Jurys! Und schämt Euch, Televoter!!!

Deutschland

Mei, HAT dieses Mädel das toll gemacht! Am Anfang ein paar kleine Wackler, aber alles in allem toll gesungen, toll ausgesehn, toll rübergebracht, toll toll toll! Und dieses Lächeln a Schluss war ja sowas von hinreißend!!! Platz 10 ist für dieses riskante Unterfangen ein toller Erfolg, der Song ist ja nun doch sehr speziell, wie wir wissen. Ich bin auch froh, dass so gut wie alle deutschen Medien das genauso sehen und nicht anfingen a la "nur Zehnter? Wieso hat uns keiner lieb?". Wenn man sich mal überlegt, was Lena in der Woche davor so an Medienstress hatte und dass sie im Grunde bei der ganzen Geschichte nichts zu gewinnen hatte, kann man vor ihrer Leistung an diesem Abend nur den Hut ziehen. Lena, danke, danke, danke für zwei absolut fantastische Eurovisionsjahre!!!!!

Dänemark

Wenn man überhaupt irgendwas Positives über diesen Beitrag sagen kann, dann ist es die Tatsache, dass er nach drei Minuten vorbei ist. Selten war ich so dankbar für diese Regel. Auf der Schleimspur, die die Herrschaften da hinterlassen haben, rutscht man ja noch aus, wenn man sich festhält! WI-DER-LICH! Und war der Semiauftritt wenigstens noch einigermaßen in Ordnung, so war der Finalauftritt recht schwach. Der fünfte Platz für dieses unterirdische Geseier ist eine Frechheit. Wo sind die Kerle, damit ich ihnen mal zünftig in die Fresse schlagen kann??? Und wo sind die, die dafür angerufen und dafür Punkte gegeben haben, damit ich mit ihnen das gleiche tun kann?

Estland

Ich kann nach wie vor nicht vestehen, warum das Ding nun einer der ganz großen Fan-Faves gewesen ist. Hier stimmte nichts, vor allem Getters Gesangsleistung war sowohl im Semi als auch im nur dank der offensichtlich tauben Jurys erreichten Finale eine absolute Zumutung. Das Lied ist und bleibt ein müder Abklatsch von "We didn't start the fire", und Getter ist zwar süß, hat aber null Geschmack, was ihre Garderobe angeht. Der vorletzte Platz im Finale für diesen Kindergartenringelpiez war für mich ein Ausbund an Gerechtigkeit, eigentlich hätte es der letzte sein müssen.

Samstag, 25. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 2

Bosnien-Herzegowina

Irgendwann kommt er ja doch jedes Jahr, der Moment, also bringen wir es gleich mal hinter uns: JURYS SIND WICHSER! WICHSER! WICHSER!!! Wenn es nach den Jurys gegangen wäre, wäre Bosnien-Herzegowina zum ersten Mal nicht im Finale gewesen. Was ich davon halte, kann sich jeder denken, der weiß, dass das hier mein offizieller Lieblingsbeitrag 2011 ist – und übrigens nicht nur meiner, so ziemlich alle Nicht-Hardcore-Fans, mit denen ich mich unterhalten hab und die den 2011er ESC geschaut haben, fanden den Song toll. Soll heißen, entweder hat Frau Fabian also doch Geschmack, oder sie kennt die falschen Leute (Zutreffendes bitte ankreuzen). Eins muss man allerdings sagen: Dino wirkte im Semi erstaunlich unsicher (warum eigentlich?), den Televotern war es glücklicherweise trotzdem egal. Im Finale war die Unsicherheit dann komplett weg, möglicherweise deshalb, weil er wusste, dass er mit Startnummer 2 ohnehin nichts reißen kann – und der Zauber des Beitrags entfaltete sich in voller Gänze! Hätte er doch bloß eine Finalstartnummer in der zweiten Hälfte gezogen – er hätte wohl, den Jurys zum Trotze, das beste bosnische Ergebnis aller Zeiten eingefahren. So bleibts halt das zweitbeste.

Belgien

Ich find diesen Beitrag ja nach wie vor faszinierend, und wahrscheinlich hat niemand im zweiten Semi sauberer gesungen als die Belgier. Allerdings muss ich ebenfalls sagen, dass es diesem Song entschieden an Struktur mangelt, und vieles, was auf einem A-Capella-Festival super ankäme, zieht den Song beim ESC dann doch unnötig in die Länge. Man sollte sich immer vor dem hüten, was der Engländer so treffend "show off" nennt, und genau in diese Falls sind Witloof Bay getappt. Aber was solls, sie hätten es fast geschafft gehabt und ihr Beitrag ist eine schöne Bereicherung des diesjährigen ESCs. Mehr kann man nicht erwarten.

Bulgarien

Die Bulgaren haben sich in den letzten Jahren den Ruf des Eurovisionskatastrophenlandes Nummer 1 hart erarbeitet. Dieses Jahr machte man alles wieder zunichte; ein rundum gelungener, kraftvoll gesungener und stimmungsvoll inszenierter Auftritt ohne irgendwas Störendes (bei Bulgarien muss man sowas leider extra erwähnen). Keine Ahnung, warum es nicht geklappt hat. Ich mochte den Song ja im Vorfeld nicht besonders, aber sie haben alles Seltsame rausgeschmissen und das allerbeste rausgeholt. Sehr schade, die sympathische Poli hätte das Finale wirklich verdient gehabt.

Weißrussland

Ach Anastasiya.... wenn ich schon mit einem dermaßen gewagten und eingängigen Song antrete, dann muss ich ihn bittschön perfekt auf die Bühne bringen. Das heißt: Perfekter Gesang, perfektes Englisch (jawohl!), ansprechende Klamotten und ein bisschen Leben in der Bude. Schätzeken, das hattest Du alles, alles nicht. Papi Lukaschenko wird wohl eher nicht so zufrieden sein.....

Schweiz

Das Liedje ist ja irgendwie ein bisschen... naja, aber andererseits gerade durch den Ukuleleneinsatz wiederum so süß, dass man es einfach mögen muss. Und obwohl die supersympathische Anna mit ihrer Vokalakrobatik einiges dafür tut, dass es alles nicht zusammenpasst, passt es mit dem kitschigen Hintergrund und Annas strahlendem Lächeln dann irgendwie doch wieder. Große positive Überraschung das Weiterkommen; ich hätte es nicht unbedingt erwartet, aber sie hatte zwischen Russland und Georgien den optimalen Startplatz in diesem Semi. Hat mich gefreut für die Schweiz, wenn ich allerdings daran denke, dass solche Perlen wie "Era Stupendo" und "The Heighest Heights" (beide allerdings unter aller Kanone performt) sang- und klanglos im Semi hängenblieben, dann freut es mich nur ein bisschen. So gar nicht freuen tut mich der letzte Platz, aber zwischen Italien und UK und dann noch mit der Pause vornedran hatte sie wohl leider keine Chance. Schade, Schweiz.

Freitag, 24. Juni 2011

Frau Fabians ESC-Nachlese, Teil 1

So, nachdem nun der erste männliche Kollege seine Nachlese abgeschlossen hat und ich mir in den letzten Tagen endlich nochmal die DVDs zu Gemüte geführt hab, wird es Zeit für die Nachbetrachtung der Dame des Hauses:

Albanien

Puh... fangen wir mal mit den guten Sachen an: Gesanglich, oder viel mehr, gekreischlich war das einwandfrei. Damit hat es sich aber auch schon mit den positiven Dingen. Ich war ja froh, dass meine Kinder schon im Bett waren, andernfalls hätte das wohl bei ihnen für eine gestörte Nachtruhe und den einen oder anderen Alptraum gesorgt. Mit Einschüchterungsversuchen kriegste aber die Leute nicht ans Telefon, und sie war einfach zu androgyn, um als AlbanerIN ins Finale einzuziehen (soviel zum Thema "die erste Frau aus Albanien, die es geschrägt hat"). Die Klamotten taten ein übriges, selten gabs ein Jahr, in dem sich so viele Herr- und Frauschaften um den Barbara Dex Award bewarben. Interessant war auch, WAS sie da eigentlich sang, darüber wird später noch zu reden sein. Wenn Du, lieber Leser, nur Bahnhof verstanden hast, lag es jedenfalls nicht an Deinen Englischkenntnissen. Nein, das hab ich im Finale so gar nicht vermisst.

Armenien

Helena Paparizou meets André, na das ist ja mal gründlich schiefgegangen, GOTT SEI DANK! Die Idee mit dem Boxdings war ja gar nicht schlecht, aber die zugegebenermaßen niedliche Emmy sang reichlich schief, und vor allem ist dieser Song so unerträglich billig, dass ich es als persönliche Beleidigung empfunden hätte, wenn für diesen Mist bessere Songs rausgeflogen wären. Die Televoter taten natürlich wieder das, was sie im Falle Armeniens immer tun, aber die Jurys hatten ein Einsehen – endlich mal eine gute Tat der Jurys!

Aserbaidschan

Seit dem 15. Mai morgens viertel nach 12 mitteleuropäischer Sommerzeit weiß ich, was das englische Wort "dumbstruck" genau bedeutet. Genau das war nämlich mein Gemütszustand, als der Sieg der Azeris feststand. Nun gut, sie waren bisher immer Top Ten, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann es passieren würde – aber sorry, der Gedanke an einen ESC in Aserbaidschan ist nicht eben ein erfreulicher. Wobei mich Flaverl zum Ende der Veranstaltung mit den Worten empfing: "Sieh's mal so: Armenien ist nächstes Jahr nicht dabei." Well spoken, man muss nur positiv denken. Ell und Nikki haben mit meiner Abneigung gegen Aserbaidschan übrigens nichts zu tun, die beiden sind durchaus sympathisch und haben ihre Sache sehr sehr gut gemacht. Und wenn man sich dann DIESE Stelle im SDL aussucht und alle anderen Länder dank schlechter Startnummern quasi aus dem Rennen fallen und obendrein die Türkei nicht im Finale ist, mit der man sich um die Sympathien der Diaspora-Türken kloppen muss.....nun ja.

Österreich

Was schreibt man über einen Beitrag, den man auf den Tod nicht ausstehen kann, der aber nun mal zufällig aus dem gleichen Land kommt wie der Besitzer dieses Blogs? Nun, man soll ja immer ehrlich sein und die Wahrheit schreiben, mal schauen, wie weit wir die Wahrheit zurechtstutzen können, ohne dass es gar zu weh tut. Der Gesangslehrer der Frau B. hat auf jeden Fall mal gute Arbeit geleistet, die gebotene Vokalakrobatik war in diesem Jahrgang wohl nur schwer zu toppen. Aber ich mag die Stimme und den Song trotzdem nicht. Der Einzug ins Finale kam dennoch verdient, da es im zweiten Semis wesentlich schlimmeres gab (was aber dennoch teilweise ins Finale kam, aber dazu später mehr). Im Finale stand ihr dann so einiges im Weg, soll keiner mehr sagen, die 18 sei eine gute Startnummer: Zum einen musste zwei Nummern nach Lena erstmal die Halle wieder auf Touren kommen (kam sie aber), und dann waren da noch die Nummern 19 (der spätere Sieger) und 20 (direkte Konkurrenz, Song ähnlich gelagert, Sängerin ähnlich stimmgewaltig, aber mit der um ein vielfaches interessanteren Stimme und der weitaus günstigeren Optik). Am meisten stand Nadinchen sich aber selbst im Weg, denn ihr Finalauftritt war bei weitem nicht so überzeugend wie der Semiauftritt. Gerade zum Schluss hin, wo sie eigentlich so richtig hätte aufdrehen müssen, hatte sie an einigen Stellen noch die Handbremse an und es nicht gemerkt. Das hat sie im Semi wesentlich besser gemacht. Dennoch: Schön, mal wieder ein Finale mit Deutschland, Österreich und der Schweiz gehabt zu haben!

Donnerstag, 9. Juni 2011

Der ESC 2011 im Nachtritt. Teil 6: Das Finale von vorne

Nach Jahren des Scheiterns gelang Slowenien dank der stimmstarken Maja Keuc zum erst zweiten Mal überhaupt der Einzug ins Finale. Doch so richtig im Gedächtnis blieb außer Majas guter Stimme und noch besserem Aussehen wenig – wie ging noch mal gleich die Melodie?


Auch beim zweiten Anlauf gelang den Krawalleros aus Moldawien, Zdob și Zdub, der Einzug ins Finale, wenn auch nur knapp mit einem Punkt Vorsprung vor den elftplazierten Belgiern. Und die Konkurrenz ist in den sechs Jahren, die seit dem Debüt 2005 vergangen sind, ist härter geworden. Zipfelmützen statt Trommeln, Schneewittchen auf dem Einrad statt Omi auf dem Schaukelstuhl, und viel Krach statt Witz. Für Abwechslung im Finale ganz nett, aber mehr auch nicht.


Georgien steht für Abwechslung bei ESC-Beiträgen, immerhin. Wo die kaukasischen Nachbarn so lange dasselbe Rezept wieder aufköcheln, bis sie entweder scheitern (Armenien) oder gewinnen (Aserbaidschan), probieren die Georgier immer etwas Neues aus. Das heißt, wirklich neu ist der Musikstil Eldrines auch nicht, höchstens für ESC-Verhältnisse, wo alles ein paar Jahr(zehnt)e später auftaucht oder auch nicht. Was man den Georgiern ebenfalls nicht vorwerfen kann, ist, daß sie gesangliche Schwachmaten ins Rennen schicken, denn im Gegensatz zu Armenien, das blind auf seine Diaspora vertraut, muß sich Georgien seinen Finalplatz hart erkämpfen. Und der war wohlverdient, wenngleich die Finalplazierung auch ein wenig höher hätte ausfallen dürfen.


Irland auf ungewohnten Pfaden: Erstmals seit 1969 erdreisteten sich die Bewohner der buttergrünen Feeninsel, einmal etwas Zeitgemäßes zu entsenden, und nicht nur erreichten sie damit das Finale, nein, sogar die beste Plazierung seit mehr als zehn Jahren wurde damit erreicht. Gesanglich ist das Zwillingspärchen Jedward natürlich vollkommen indiskutabel, aber die Bühnenshow war äußerst unterhaltsam, und in der Studioversion hört man diese Schwächen schließlich nicht, so daß auch einem Verkaufserfolg nichts im Wege stehen dürfte.


Griechenland macht derzeit schwere Zeiten durch, und entsprechend ist auch der heurige ESC-Beitrag geartet: Erst der Brabbelteil von Stereo Mikros, dann hochpathetisch-langtoniges von Lukas Giorkas, der trotz seines stimmbändlichen Danebenbenehmens das erste Semifinale gewonnen hatte. Zumindest bei den Plazierungen in der Eurovision ist von einer Krise der Griechen nichts zu spüren.


Ein simpelst gestrickter Schunkelschlager, angereichert mit Krankengymnastik, vorgetragen von einem vor allem im Semifinale hochgradig nervösen Dino Merlin – haben Bosnien & Herzegowina ernstlich geglaubt, damit den Pott nach Sarajewo zu holen? Wenn es nach den Juries gegangen wäre, hätten wir diese gehüpfte Midlife-Crisis nicht einmal im Finale wiedergesehen, so konnte Dino wenigstens noch die Punkte der Ex-Jugo-Nachbarn abgreifen.


Nun stoßen wir in Gefilde vor, deren Phänomene nur aus dem Reiche des Übernatürlichen entstammen können; angefangen mit Dänemark. Einmal mehr eine eklig-schleimige Mitklatschnummer, vorgetragen von einem Sänger, der uns dank Judith Rakers auch noch seinen offenliegenden Arschritzenschweiß-Zulauf in Großaufnahme zeigen durfte. Hätten A Friend in London doch bloß diesen besucht und uns mit diesem gesungenen Rotz zufrieden gelassen!


Nun ein Beispiel dafür, daß man auch ganz oben landen kann, wenn man es nur schafft, von seinem dümmlichen Lied und seiner scheußlichen Garderobe abzulenken. Nicht Mika Newton hat für die seit jeher chronisch überbewertete Ukraine den vierten Platz eingefahren, sondern die Sandmalerin Xenia Simonova. Vielleicht sollte die eingebildete Newton (sinngemäß: „Wenn ich Millionen hätte, wäre für mich die Eurovision doch uninteressant“) zu ihrer Single eine Handvoll Sand zum Selbermalen dreingeben. Oder gleich nur den Sand verkaufen. Musikalisch läuft es eh auf dasselbe hinaus.


Schweden nun lieferte einmal mehr das beste Pro-Argument für alle Spötter des ESC: Musikalische Minimalgrütze mit dümmlichem Holzhammerrefrain, dargeboten von einem minderjährig wirkenden, hyperaktiven Quakfrosch namens Eric Saade, unterstützt von irgendeinem überflüssigen Schnickschnack auf der Bühne, damit die Leute dran denken, wenn Melodei und Land schon längst im Orkus des Vergessens gelandet sind. Funktioniert hat es ja, aber ob dieses Lied sich als Sieger wesentlich besser verkauft hätte als z. B. ein Dirna Billig, der es in Deutschland mit Ach und Krach und trotz Dauerrotation auf VIVA nicht einmal unter die ersten Fünfzig geschafft hat, ist mehr als fraglich (gut, der Marquis de Saade schaffte immerhin Platz 48). Aber nun haben die Rückblicker der nächsten fünfzig Jahre wieder etwas Neckisches, worauf sie zurückblicken können, eine Nadine Beiler gibt da zu wenig Albernes ab.


In einem Jahr, wo sich Wettbüros, Anrufer und Juries nicht eins sind, wer jetzt Erster werden soll, schafft es wohl derjenige, der am wenigsten aneckt. Das war dieses Jahr Aserbaidschan, der kleine, unsympathische Bruder der Türkei, der sich im Dauerclinch mit einem gewissen Nachbarlande befindet, das aus daher leicht einsehbaren Gründen nächstes Jahr freiwillig auf eine Teilnahme verzichten wird und uns somit wenigstens ein garantierter Scheißbeitrag erspart bleibt. Was machte Ell & Niki oder Alder und Nigga, wie die beiden vermutlich in echt heißen, also so besonders? Ihre gesanglichen Unzulänglichkeiten? Sein Welpenstatus? Die an diverse US-Kompositionen angelehnte, aber aus Schweden importierte Musik, die gleich jedermann als ursprünglich aserbaidschanisch erkennt? Wie dem auch sei, gewonnen hat also ein Land, bei dem die meisten nicht einmal wüßten, wo auf der Landkarte sie es suchen sollen mit einem Lied, das man wohl gleich vergeblich in den Hitlisten suchen wird. Nächstes Jahr also auf nach Baku im [hier bitte den Namen des noch zu errichtenden Gebäudes eintragen]!

Dienstag, 7. Juni 2011

Der ESC 2011 im Nachtritt. Teil 5: Das Finale von hinten

Die Schweiz einmal mehr in Gefilden, wo sie sich gut auskennt: Im tiefen Tal der hintersten Plazierungen. Aber man sollte auch das Gute daran sehen: Anna Rossinelli wurde Letzte im Finale! Wann war zuletzt ein echtes Schweizer Produkt dort aufzufinden? Da muß man wirklich bis ins Jahr 2002 zurückgehen, als Francine Jordis Seelengärtchen das hintere Feld aufmischte. (Die estnischen Legionärinnen von 2005 sowie das eine Sechstel Schweiz dieses elenden Kunstprodukts von 2006 zählen wir mal nicht mit.) Und nach Jahren des Scheiterns eröffnete Anna damit immerhin eine neue Perspektive für ihr Land. Ach so, ein Lied gab es ja auch noch: Aus dem unfertigen Entwurf wurde im Laufe der Monate immerhin etwas Halbgares, und der unaufgeregte Auftritt im Semi war zwischen den Krawallnummern aus Rußland und Georgien gar nicht einmal so ungeschickt plaziert, aber im Finale mußte es zwischen Italien und dem Vereinigten Königreich abschmieren.


Ob es in der Rockefeller Street auch Gesangsschulen gibt? Estlands Vertreterin Getter Jaani hätte einen Besuch derselben bitter nötig gehabt. Oder zumindest ein paar Ausdauerübungen. Mit ihrer Kurzatmigkeit hätte sie ihr Land um ein Haar ein weiteres Mal ins Semi-Aus katapultiert, und nur den Juries verdankte sie ihr Weiterkommen, wofür dann Weißrußland gekippt wurde. Im Finale nützte ihr das aber alles nichts, und als Letzter im Pulk von vier schnelleren Nummern stach Getter nur durch ihre Bauklötzchen und ihre bereits erwähnte Kurzatmigkeit auf – beides nichts, wofür man anruft.


Was sich die Estin durch übermäßige Zappelei verdarb, wußte sich Kati Wolf aus Ungarn durch ihre Statik zu vermasseln. Es ist aber durchaus schon eine Leistung, ganze drei Minuten zu einer Disconummer steif wie ein Brett herumzustehen und dann auch noch falsche Töne einzubauen (wobei es in der Halle vor allem im Semifinale bei weitem nicht so schlimm klang wie im Fernseher). Ansonsten fiel auf, daß die Ungarn immer noch sparen müssen, und so wurde kurzerhand ein Vorhang aus Katis Wohnzimmer zu ihrem Kleid umfunktioniert, teilweise gehalten von einem farblich passenden Riesenplastikklunkerring aus dem Kaugummiautomaten. Als erster Starter des Viererblocks aus schnellen Nummern geriet der umhangbewehrte Besenstiel natürlich rasch in Vergessenheit.


Nach dieser Plazierung (aber immerhin im Finale) dürfte das besungene schlaue Peterchen aus Finnland wieder viel Zeit haben, um die Welt zu retten. Es ist aber auch gemein, wie arg der Paradies-Vogel Oskar auf visuelle Verführung setzte und sich mit der auftauchenden Weltkugel ins Finale sang. Aber der erste Startplatz im Finale war dann wohl das Todesurteil, denn schlechter wurden weder Auftritt noch das ohnehin schon schlimme Lied.


Wie Island zu seinem heurigen ESC-Beitrage kam, ist schon eine (für den Vorentscheid nicht sonderlich rühmliche) Geschichte für sich, aber dann auch noch ganz Europa mit dieser Gefühlsduselei zu belästigen und damit einem anderen Land einen Finalplatz wegzuschnappen, nur um anschließend noch tiefer zu landen als Hera Björk – das hätte wirklich nicht sein müssen. Das war einfach nur ein übler, auf unerträgliche Fröhlichkeit getrimmter Dänenschlager der 90er, der aber offenbar heute noch seine Freunde findet (außer in Dänemark).


Litauen konnte sich überraschenderweise auch einmal über einen Finaleinzug freuen, warum auch immer. In der zweiten Strophe wildes Gestikulieren der Sängerin Evelina Sašenko in Gebärdensprache, warum auch immer. Im Finale dann ein tiefer Fall speziell in der Gunst der Juries, warum auch immer. Irgendwie braucht der Grand Prix wohl immer eine zur Langeweile neigende, mit großer Gestik und Stimme dargebotene Ballade im Finale, warum auch immer.


Österreich gab sich heuer alle Mühe mit seinem Vorentscheid, und was hat es gebracht: Große Namen im Vorentscheid, die jedoch zum Teil von der ORF-Jury hinausgekegelt wurden, dennoch mindestens drei großartige Nummern im Finale, und dann das: Nadine Beilers unerträgliche Schnulze gewinnt haushoch. Wenn man sich das Ergebnis ansieht, kann der ORF allerdings recht zufrieden sein, denn sogar nach dem alleinigen Wunsche der Zuschauer wäre die Beilerin im Finale gelandet, und die Inszenierung des Spatzes von Inzing am Inn bei Innsbruck war auch mehr als gelungen. Nächstes Jahr darf Österreich dann auch bitte ein Lied, das als solches zu erkennen ist, zum Interpreten wählen.


Noch so ein Dänenschlager, dieses Mal allerdings von einem Briten für Rumänien vorgetragen, der dermaßen schleimig in die Kamera grinste, daß man hinterher vor dem Fernseher putzen mußte. Ansonsten ein langweiliges Radiodudellied, das auf einem ebenso uninteressanten Platz gelandet ist.


Da erhält Rußland endlich einmal die langverdiente Klatsche, bekommt nicht einmal von Weißrußland zwölf Punkte (wenn da mal jemand nicht das Gas abgedreht bekommt), wird Letzter in der Jury-Wertung – und plötzlich fragt man sich, warum eigentlich? Man bedenke, vor drei Jahren gewannen die Russen mit demselben Rezept den ganzen Rotz, nur daß Aleksej Vorbobjov (oder Alex Sparrow, wie er sich für den Bewerb nennen mußte) wirklich singen und tanzen kann und dabei nicht wie Dirna Billig ständig aussieht wie zugedröhnt. Daß der Komponist seines Liedes auch für Lady GaGa arbeitet, dürfte wohl bei keinem Kommentator unerwähnt gelassen worden sein, aber vielleicht war gerade das das Todesurteil für Alex, denn das Lied wirkte wie aus drei, wenn nicht gar vier Liedern mühsam zusammengetackert, beginnend mit dem überhaupt nicht passenden Acapella-Intro auf Russisch, gefolgt von der völlig melodiefreien Strophe, der wiederum die Bridge mit Ansätzen zur Melodie folgte und schließlich in den an Italodisco erinnernden Mitgrölrefrain mündete. Aber da war es wohl schon zu spät. Und ob es so gut ankam beim Publikum, daß Alex nach seinem Auftritt gar nicht mehr von der Bühne herunterwollte, als probte er schon mal für seinen Siegerauftritt, sei auch dahingestellt. Vielleicht hätte der Russe auch Glas zerdeppern sollen.


Serbien war dieses Jahr das einzige Land, das komplett in Landessprache sang und damit auch das Semifinale überstanden hat. Ansonsten bleibt halt nur das Prilblumenmuster und die Tapeten unserer Eltern Kinderzimmer vom Auftritt in Erinnerung. Stimmlich war Nina ganz auf der Höhe, und die niedliche Choreographie dürfte wohl ihr Übriges dazu beigetragen haben, Sympathien für den serbischen Beitrag zu sammeln. Für eine Plazierung weiter oben war das aber nicht genug.

Donnerstag, 2. Juni 2011

Der ESC 2011 im Nachtritt. Teil 4: Die Großen Fünf

Hoch gewettet, tief gefallen: Wieder mal ein Schlag ins Wasser war Frankreichs Geniestreich, den (noch) „jüngsten Tenor der Welt“ ins Rennen zu schicken und sowohl mit Bolero als auch genialem Bühnenbild auszustatten. Aber was nützt die beste Stimme, wenn sie nicht voll da ist, wenn es darauf ankommt? Überaus nervös und zu Beginn auch gerne mal etwas falsch singend trat Amaury Vassili in die Fußstapfen der 2003er Teilnehmerin Louisa Baïleche, die auch unter anderem mit ihrer Frisur eine bessere Plazierung zu verhindern wußte.


Was wurde doch von einigen Fans gemeckert, als der lang ersehnte erste Beitrag Italiens nach vierzehn Jahren bekannt wurde – nicht „arschbombig“ genug, zu spartenlastig, zu wenig eingängig und bla, bla bla. Dabei haben die Italiener einmal mehr blinde Stilsicherheit bewiesen, indem sie sich einfach einen Dreck darum scherten, was bei Eurovisions-Fanatikern gut ankommt (woher sollten sie das überhaupt noch wissen?) und statt dessen einen echten Musiker namens Raphael Gualazzi entsandten. Und spätestens unter all den krawalligen Scheibenzertrümmerern, kindischen Bauklötzchenbesingern und selbstgefälligen Leuchtschuhträgern mußte diese Musikalität auffallen.


Das Vereinigte Königreich hat noch immer nicht zu gewohnter Form zurückgefunden. Dabei wurden auch die Briten als Mitanwärter auf den Eurovisionsthron gehandelt, denn die Zutaten stimmten durchaus: Eine europaweitbekannte Gruppe nicht mehr allzu junger Herren, ein eingängiges Lied, dargeboten in der Allerweltssprache Englisch, und zwar echtem. Bliebe nur das Problem, daß dieses Lied just auf Lee Ryan zugeschnitten war, der es in Grund und Boden sang. Den Zuschauern war dies wohl egal, sie wählten Blue wohl nicht zuletzt des Namens wegen – bis auf Platz fünf. Die Juries hingegen hatten keinerlei Einsehen mit den stimmlichen Unzulänglichkeiten und reichten die Gruppe auf Platz 22 durch. Das reichte zwar immerhin noch für einen elften Platz in der Gesamtwertung, für die Briten mittlerweile schon eine der besseren Plätze, aber eine gelungene Rückkehr zur Bühne sieht anders aus.


Auf heimischem Boden war es natürlich ein leichtes für Lena, die sowohl ihren Meyer als auch ihre Landrut daheimgelassen hatte, Deutschlands Auftritt zum meistumjubelten des Abends werden zu lassen. Abgesehen davon war daran jedoch nichts Überraschendes, sie tanzenden Silberfischchen waren schon im Vorentscheid dabei und über ein übermäßig starkes Sangesorgan konnte sich Lena auch noch nie beklagen. Vergleiche mit ihrem letztjährigen Auftritt fallen dennoch schwer, denn die zappelige Nochnichtabiturientin aus Oslo war kaum wiederzuerkennen, dafür aber eine Choreographie, auf die man letztes Jahr wohlweislich verzichtet hat. Ob das Lied zu sperrig für die Massen war, sei dahingestellt; mit dem erreichten zehnten Platz ist zwar die Titelverteidigung wie erwartet (und vom NDR wohl auch inständig erhofft) nicht gelungen, aber auch das sonst übliche erboste Aufbrausen des zumeist ohnehin nicht zuschauenden Bild-Leser-Pöbels wegen jeder Plazierung jenseits der Nummer eins blieb aus. Insofern durchaus eine gelungene Aktion.


Spaniens Beitrag wurde von Rafael Artesero Herrero komponiert, der schon 2005 und 2006 die erfolglosen Beiträge Andorras zu verantworten hatte (drittletzter bzw. letzter Platz im Semifinale). Allzu große Hoffnungen dürften sich die Spanier daher nicht ernstlich gemacht haben. Ein fröhliches Liedchen ohne Höhen und Tiefen, garniert mit einer Choreographie, die das Nachtanzen in jeder Dorfdisco möglich macht. Immerhin war ein Großteil des Publikums in der Arena begeistert von Lucía Pérez’ Darbietung. Nur hat ihr das ebensowenig genützt wie Stella Mwangi oder Dana International.